Der Gesetzesvorschlag des Bundesrates (Drucksache 20/11879)  bezieht sich auf Änderungen im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), insbesondere hinsichtlich der Abmahnungen im Bereich des Datenschutzrechts.

Zusammenfassung des Gesetzesvorschlags

Der Gesetzesvorschlag sieht vor, dass Verstöße gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), das Bundesdatenschutzgesetz und andere Vorschriften, die zur Umsetzung der DSGVO dienen, nicht mehr unter den Rechtsbruchtatbestand gemäß § 3a UWG fallen sollen. Dies bedeutet, dass datenschutzrechtliche Verstöße nicht mehr durch Wettbewerber oder Verbände auf Grundlage des UWG verfolgt werden können  .

Gründe für den Gesetzesvorschlag

Der Hauptgrund für diesen Gesetzesvorschlag ist der Schutz von Unternehmen vor missbräuchlichen Abmahnungen. Es besteht die Befürchtung, dass die aktuelle Regelung Unternehmen einem hohen Risiko von Abmahnungen durch Mitbewerber aussetzt, die rein wirtschaftlich motiviert sind. Ein Beispiel hierfür ist die Abmahnwelle im Zusammenhang mit der Einbindung von Google Fonts auf Internetseiten  .

Lösungen im Gesetzesvorschlag

Der Vorschlag sieht vor, die Geltendmachung von Datenschutzverstößen durch Wettbewerber auszuschließen. Konkret werden die folgenden Änderungen vorgeschlagen:
– § 3a UWG: Datenschutzrechtliche Vorschriften sollen nicht mehr als Marktverhaltensregeln im Sinne des Rechtsbruchtatbestands gelten.
– § 13 Absatz 4 UWG: Die Regelung zum Aufwendungsersatz im Falle von Abmahnungen durch Wettbewerber entfällt, da diese Abmahnungen grundsätzlich ausgeschlossen werden  .

Negative Auswirkungen

Der Gesetzesvorschlag könnte die Durchsetzbarkeit von Datenschutzrechten einschränken, da datenschutzrechtliche Verstöße nicht mehr durch Wettbewerber verfolgt werden können. Dies könnte dazu führen, dass Datenschutzverstöße weniger effektiv sanktioniert werden, insbesondere wenn die behördlichen Eingriffsbefugnisse nicht ausreichen. Zudem besteht die Gefahr, dass die Änderung als nicht mit der DSGVO vereinbar angesehen werden könnte, was zu rechtlichen Unsicherheiten führen könnte   .

Bundesregierung lehnt Gesetzesvorschlag ab

„Die Bundesregierung nimmt das Anliegen des Gesetzentwurfs, Unternehmen vor missbräuchlichen Abmahnungen zu schützen, sehr ernst. Der Gefahr rein wirtschaftlich motivierter Abmahnungen von Mitbewerbern bei Verstößen gegen das Datenschutzrecht wurde jedoch bereits mit der grundlegenden Reform des Abmahnwesens im Jahre 2020 […] begegnet. (…) Daher sieht die Bundesregierung kein Bedürfnis für die vorgeschlagene Gesetzesänderung.“

  1. Die Bundesregierung erkennt das Anliegen des Gesetzentwurfs, Unternehmen vor missbräuchlichen Abmahnungen zu schützen, als wichtig an. Sie betont jedoch, dass dieser Gefahr bereits mit der grundlegenden Reform des Abmahnwesens im Jahr 2020 durch das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs begegnet wurde. Insbesondere durch die Begrenzung des Aufwendungsersatzes in § 13 Absatz 4 Nummer 2 UWG wurde ein sachgerechter Kompromiss gefunden, der den finanziellen Anreiz für die Abmahnung von Datenschutzverstößen effektiv begrenzt . 
  2. Die Bundesregierung weist darauf hin, dass die Frage, ob datenschutzrechtliche Verstöße von Mitbewerbern nach den Grundsätzen des sogenannten Rechtsbruchtatbestands des § 3a UWG mit den Rechtsmitteln des UWG verfolgt werden können, aktuell Gegenstand eines Vorabentscheidungsersuchens des Bundesgerichtshofs (BGH) beim Europäischen Gerichtshof ist. Die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C-21/23 wird in wenigen Monaten erwartet. Die Bundesregierung hält es für sinnvoll, zunächst diese Entscheidung abzuwarten, bevor über etwaige nationale Maßnahmen entschieden wird .
  3. Kein Bedürfnis für die vorgeschlagene Gesetzesänderung: Die Bundesregierung sieht daher kein unmittelbares Bedürfnis für die vorgeschlagene Gesetzesänderung. Sie betont, dass die Verfolgung von Datenschutzverstößen primär durch die umfassenden behördlichen Eingriffsbefugnisse und Rechtsbehelfe, die in der DSGVO vorgesehen sind, gesichert ist. Daneben besteht bereits die Möglichkeit einer Verbandsklage nach dem Unterlassungsklagengesetz (UKlaG), wenn der Verstoß die Verarbeitung von Verbraucherdaten betrifft .
  4. Gefahr missbräuchlicher Rechtsverfolgung: Die Bundesregierung warnt, dass die Gewährung eines Mitbewerberklagrechts bei Datenschutzverstößen Unternehmen einem erhöhten Risiko der missbräuchlichen Rechtsverfolgung aussetzt. Im Gegensatz zu Behörden und Verbraucherverbänden könnten Mitbewerber Unterlassungsansprüche strategisch einsetzen, ohne dem Allgemein- oder Verbraucherinteresse verpflichtet zu sein. Die Gefahr der missbräuchlichen Abmahnungen wurde besonders im Zusammenhang mit der Abmahnwelle zur Einbindung von Google Fonts auf Internetseiten deutlich .

Fazit

Es ist der Bundesregierung in der Argumentation zu folgen, dass zunächst die Entscheidung des europäischen Gerichtshofes abzuwarten ist. Dass jedoch die Grund-Reform des Abmahnwesens im Jahr 2020 bereits das Problem gelöst hätte, ist eine optimistische Einschätzung.  Kleine und mittelständische Unternehmen müssen aufgrund des herrschenden Wettbewerbsdrucks, auch in Bezug auf die Beratungskosten, kalkulieren. Rechtsunsicherheiten im Datenschutzrecht, die glücklicherweise durch die zunehmende Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofes immer kleiner werden, führen zu hohen Kosten auf der Beratungs-Seite. Wenn Abmahn-Kampagnen dazukommen, kann dies schnell zu einem „Datenschutz-Fatigue“ führen. 

In der Datenschutz Grundverordnung geht es primär um den Schutz personenbezogene Daten. Nicht unberücksichtigt darf allerdings bleiben, dass der mangelnde Schutz durchaus einen Wettbewerbsvorteil darstellen kann. Die Mechanismen der DSGVO reichen hier jedoch aus, um zum einen abschreckend genug zu sein und zum anderen wirksame Rechtsfolgen auszulösen.