Grundsätzlich hat jede*r Betroffene gem. Art 15 DSGVO Auskunftsrecht ob und wenn ja, welche Daten warum wie verarbeitet werden. Dieses Recht besteht jedoch nicht absolut.
Das AG Pankow in einem Urteil[1] nun einen Fall verhandelt, der eine Ausnahme des Auskunftsanspruchs beinhaltete. Zeit, sich das einmal anzuschauen.

I Vorgeschichte

Der Kläger stieg im April 2021 in Berlin in eine Bahn, welche von einem Zugbetreiber betrieben wird, der Videoaufzeichnung der Zuginnenräume bei Fahrbetrieb durchführt, die Aufzeichnungen werden 48 Stunden gespeichert.
Der Kläger forderte den Verkehrsbetreiber zur Herausgabe der ihn betreffenden Videoinformationen auf und forderte ihn zudem auf, die ihn betreffenden Daten nicht zu löschen. Die Beklagte löschte die Daten innerhalb der Löschungsfrist von 48 Stunden und lehnte die begehrte Auskunft gegenüber dem Kläger ab.
Da der Kläger davon ausgeht, an jenem Tag ein Berlin in einen Zug der Beklagten eingestiegen zu sein und dort von einer Kamera gefilmt worden zu sein, ist er der Ansicht, es liege ein Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung vor, welcher zu einem Schmerzensgeld führe.

Die Klage war zulässig, wurde jedoch als unbegründet abgewiesen.

II Um was ging es hauptsächlich?

Bei der Frage, wann einem ein Schmerzensgeldanspruch danach der DSGVO vorliegt, muss zunächst geklärt werden, was dafür grundsätzlich vorliegen muss. Im zweiten Teil wird dann der Kern des Falls, die Auseinandersetzung mit Art. 15 und der Ausnahme dazu behandelt.

II.1. Woraus Anspruch auf Geldzahlung?

Der Artikel 82 Abs. 1 DSGVO enthält einen Schadensersatzanspruch.

Er setzt viererlei voraus[2]:
1. Nur die von der Datenverarbeitung betroffenen Personen macht ihn geltend
2. Ein Verstoß gegen die Verordnung
3. Entstandener Schaden
4. Kausalität

Hier macht unproblematisch der Kläger die von der Datenverarbeitung betroffenen Personen den Anspruch geltend. Abgelehnt wurde hier bereits ein Verstoß gegen die Verordnung (dazu gleich), sodass gar nicht erst auf eine spannende Frage ankommt, ob hier ein Schaden vorliegt, der „weit verstanden [wird][…,]  gleichwohl muss er [erlitten, spürbar,] objektiv nachvollziehbar [… und] von gewissem Gewicht sein […], um bloße Unannehmlichkeiten oder Bagatellschäden – keinesfalls leichtfertig – auszuschließen“.[3]

II.2. Verstoß gegen die Verordnung

Art. 15 DSGVO

Grundsätzlich hat jede*r Betroffene gem. Art 15 DSGVO Auskunftsrecht ob und wenn ja, welche Daten warum wie verarbeitet werden. Wenn diesem Auskunftsrecht dann nicht nachgekommen wird, liegt ein Verstoß gegen die Verordnung vor.
Dies gilt jedoch nicht, wenn gemäß § 275 Abs. 2 BGB der Auskunftsanspruch jedoch aufgrund unverhältnismäßigen Aufwands unzumutbar ist.

Das AG Pankow führt dazu aus, dass „strenge Maßstäbe an die Unverhältnismäßigkeit eines Auskunftsbegehrens anzulegen [sind], Insbesondere [sic] besteht ein Verweigerungsrecht nur bei grobem Missverhältnis zwischen Aufwand und Leistungsinteresse“[4].
Da dem Kläger bewusst war, dass er gefilmt wurde, also seine Daten verarbeitet werden, eine kurze Speicherdauer vorliegt sowie er von der Beklagten über alle Punkte des Art. 15 Abs 1 lit. a-h DSGVO informiert wurde, sei Sinn und Zweck des  Art. 15 DSGVO – das Bewusstwerden über die Datenverarbeitung –weitestgehend erfüllt, der Kläger konnte auch kein Interesse über Zweck des Art. 15 DSGVO hinaus darlegen.

Zudem sei durch Verhinderung der automatischen Löschung und folgenden Übermittlung an den Kläger einen erheblichen Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft, da keine Anschaffung einer Software zur automatisierten Gesichtserkennung vorlag und diese erst neu angeschafft werden müssen, außerdem bestünden dann wiederum datenschutzrechtlichen Bedenken, auch gegenüber Dritten, nicht innerhalb von 48 h deren Daten (Videoaufzeichnungen) löschen zu können.

Somit war der Beklagten wegen § 275 Abs. 2 BGB der Auskunftsanspruch aufgrund unverhältnismäßigen Aufwands unzumutbar.

Art. 18 Abs. 1 lit. c DSGVO

Die gleichen Ausführungen macht das Gericht auch zu dem Recht aus Art. 18 Abs. 1 lit. c DSGVO, die Nicht-Löschung zu verlangen.

III Fazit

Zwar geht der Datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch hier nicht durch, bei einer Übertragung auf andere Fälle Vorsicht walten zu lassen, da strenge Maßstäbe an die Unverhältnismäßigkeit eines Auskunftsbegehrens anzulegen sind.

[1] AG Pankow, Urteil vom 28.03.2022 – 4 C 199/21.

[2] Siehe Frenzel, DS-GVO Art. 82 Haftung und Recht auf Schadenersatz in Paal/Pauly, DS-GVO BDSG. 3. Auflage 2021. Rn. 7-10.

[3] Siehe Frenzel, DS-GVO Art. 82 Haftung und Recht auf Schadenersatz in Paal/Pauly, DS-GVO BDSG. 3. Auflage 2021. Rn. 10.

[4] AG Pankow, Urteil vom 28.03.2022 – 4 C 199/21. Rn 5.