Das bekannte „ZDF-Magazin Royale“ des Satirikers Jan Böhmermann hat in seiner Ausgabe vom 16. April 2021 einige Publikumszeitschriften der sog. Regenbogenpresse wie „Freizeit Revue“ aufs Korn genommen, indem Böhmermann selbst ein Magazin (Freizeit Magazin Royale vom 17.04.2021) in gleichem Stil herausgebracht hat. Im Rahmen dieser Sendung sprach Böhmermann neben dem üblichen Klamauk sowohl von einigen Beispielen der Verletzungen des Allgemeines Persönlichkeitsrechts als auch von einem „Presseprivileg“, welches eine teilweise Ausnahme von Vorschriften des Datenschutzes zur Folge habe.

Eine passende Gelegenheit, sich das „Medienprivileg“ –wie das angesprochene Presseprivileg unter einigen Datenschutzrechtler*innen auch heißt– genauer anzuschauen:

Was soll das sein und warum gibt es das überhaupt?

I Was ist das Presse-/Medienprivileg eigentlich und warum gibt es sie?

Hiermit ist gemeint, dass Presse- und Medienvertreter*innen datenschutzrechtlich nicht denselben strengen Regeln unterfallen wie etwa Unternehmen.

Es gibt teilweise Besonderheiten für Internet-/Fernseh- oder Rundfunkveröffentlichungen, die jedoch hier bei der Betrachtung keine Rolle spielen (da es sich bei Publikumszeitschriften der Regenbogenpresse nicht um solche handelt).

Der Grund für die weniger strengen Regeln im Datenschutz ist der hohe Stellenwert der Presse- und Medienfreiheit in freiheitlichen Gesellschaften, der etwa in Art. 5 I 2 GG oder Art. 11 II EUGrCh zum Ausdruck kommt. Wenn genauso strenge Regeln im Datenschutz auch für Jornalist*innen gelten würden, würde das ihre Arbeit deutlich erschweren und einschränken.[1]

II Wie ist das rechtlich begründet?

Die Frage ist jetzt jedoch, wo sich die rechtliche Begründung hierfür finden und wie diese ausgestaltet sind.

II.1. Ausgangslage DSGVO

Zunächst ist festzuhalten, dass die DSGVO als Verordnung in Deutschland unmittelbar gilt und Anwendungsvorrang hat.

Somit würden damit zunächst auch die Datenschutzregeln der DSGVO für Journalist*innen gelten.

Der Art. 85 DSGVO seiht jedoch eine Möglichkeit zur Abweichung oder Ausnahmen von einzelnen Regelungen in der DSGVO für u.a. die Verarbeitung zu journalistischen Zwecken vor. Die genaue Ausgestaltung ist den Mitgliedsstaaten selbst überlassen.

II.2. Nationaler Gesetzgeber

In Deutschland haben die Länder in diesem Bereich die Gesetzgebungskompetenz, die Einzelnen Regelungen findet man in den „Landesdatenschutzgesetzen oder in spezifischen landesrechtlichen Gesetzen mit medialem Bezug“[2].

Da wir unseren Sitz in Köln in NRW haben, wir im folgenden kurz die Rechtslage in Köln aufgezeigt, die sich in § 12 LPrG NRW wiederfindet.

II.3. Rechtsfolge

Der § 12 LPrG NRW hat bei der Datenverarbeitung zu journalistischen Zwecken zur Folge, dass

„außer den Kapiteln I, X und XI nur die Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe f in Verbindung mit Absatz 2, Artikel 24 und Artikel 32 Anwendung [finden]. Artikel 82 [DSGVO] gilt mit der Maßgabe, dass nur für eine Verletzung des Datengeheimnisses gemäß der Sätze 1 bis 3 sowie für unzureichende Maßnahmen nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe f, Artikel 24 und Artikel 32 [DSGVO] gehaftet wird“.

Für Journalist*innen bestehen jedoch neben dem „Privileg“ der Nichtanwendung einiger Bereiche der DSGVO auch einige Pflichten wie etwa die in § 12 LPrG genannte Pflicht für u.a. Hilfsunternehmen das Datengeheimnis zu wahren, oder die Bindungen und Verpflichtungen aus dem Pressekodex.

 

III Fazit: Gilt es auch für etwa die Freizeit Revue?

Auch wenn nun klargestellt ist, dass es ein Medienprivileg gibt und wo dieses herkommt, ist die spannendste Frage noch nicht geklärt: Gilt es auch für etwa die Freizeit Revue?

Auf den ersten Blick erscheint es fernliegend, ähnlich wie die Stoßrichtung Böhmermanns, bei einem Erzeugnis der Regenbogenpresse wie der Freizeit Revue nicht von Journalismus zu sprechen. Doch relevant ist, was rechtlich darunter verstanden wird.

Das Merkmal „journalistische Zwecke“ des § 12 LPrG NRW[3] ist gesetzlich nicht definiert, zur Auslegung wird etwa auf die Rechtsprechung des BGH verwiesen:

„Daten werden dann zu journalistisch-redaktionellen Zwecken verarbeitet, wenn die Zielrichtung in einer Veröffentlichung für einen unbestimmten Personenkreis besteht. Es muss die Absicht einer Berichterstattung iSd Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG – worunter auch die Meinungsäußerung fällt – gegeben sein.“ [4]

Der Begriff muss außerdem europarechtsfreundlich ausgelegt werden. Da der EuGH eine weite Auslegung der journalistischen Zweckbestimmung vorgibt[5], ist im Ergebnis die Freizeit Revue hier jedoch mit umfasst – über den Inhalt sei hier nichts gesagt und auf die Sendung des ZDF-Magazin Royales verwiesen.

 

[1] Man kann hier deshalb zurecht –wie viele Stimmen in der Literatur– den Begriff Privileg kritisieren.

[2] Pauly, Art. 85, Rn. 4 in Paal/Pauly, DS-GVO BDSG 3. Auflage 2021.

[3] Wir gehen jetzt hier der Einfachheit halber davon aus, dass die Freizeit Revue in NRW herausgegeben wird. Tatsächlich würde sich das Ergebnis nicht ändern, wenn man eine andere Ländervorschrift heranzieht.

[4]Schmid-Petersen, LPresseG NRW § 12, Rn 17 in BeckOK Informations- und Medienrecht, Gersdorf/Paal 31. Edition.

[5] Ebd., Rn. 18.