Um was geht es?

Es geht um die Frage, ob Unternehmen, die im Rahmen etwa des Vertriebs mit Handelsvertretern zusammenarbeiten, mit diesen einen AVV nach Art. 28 DSGVO abschließen müssen.

Was zeichnet einen Handelsvertreter aus?

Handelsvertreter sind nach §84 I,II HGB Personen, die für einen Unternehmer Geschäfte vermitteln oder in dessen Namen abschließen und dabei selbstständig handeln, also im Wesentlichen ihre Tätigkeit selbst gestalten. Wenn sie nicht selbstständig handeln, gelten sie nicht als Handelsvertreter, sondern als Angestellte.
Um im Rahmen dieser Vertriebsstrukturen Verträge abschließen zu können, wird es dabei regemäßig erforderlich sein, Kundendaten vom Unternehmer an den Handelsvertreter weiterzugeben.
Ist hierfür ein AVV gem. Art. 28 DSGVO zu schließen?

Wann muss generell ein AVV geschlossen werden?

Ein AVV muss immer dann geschlossen werden, wenn ein Auftragsverarbeiter Daten im Auftrag eines Verantwortlichen verarbeitet.
Ein ‚Auftragsverarbeiter‘ ist „eine natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die personenbezogene Daten im Auftrag des Verantwortlichen verarbeitet“ (Art 4 Nr. 8 DSGVO). Er kennzeichnet sich gerade dadurch aus, dass er nicht Verantwortlicher, also nicht eine „natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet“ (Art 4 Nr. 7 DSGVO), ist.
Um zu unterscheiden, ob es sich bei einer Person um einen Auftragsverarbeiter oder um einen Verantwortlichen handelt, ist darauf abzuzielen, wer die Entscheidungshoheit über Zweck und Mittel der Verarbeitung von Daten hat.[1]

Und hier?

Ein Handelsvertreter ist entweder eine natürliche oder juristische Person. Um Aufträge abschließen zu können, verarbeitet sie Kundendaten, also auch personenbezogene Daten. Ob er sie jedoch, ohne über die Zwecke und Mittel der Datenverarbeitung  zu entscheiden, im Auftrag verarbeitet, ist fraglich.
Zwar wird er im Auftrag des Unternhemers handeln, jedoch zeichnet es gerade einen Handelsvertreter aus, dass er wesentlichen seine Tätigkeit selbst gestaltet und dabei sowohl ein –etwa provisionsgetriebenes – Eigeninteresse hat als auch über die Zwecke und Mittel der Datenverarbeitung zumindest mitbestimmen kann.

Somit ist ein Handelsvertreter kein Auftragsverarbeiter.

Ergebnis

Mit einem Handelsvertreter muss und kann kein AVV gem. Art. 28 DSGVO geschlossen werden.
Da Daten vom Unternehmer an den Handelsvertreter weitergegeben werden und jede Datenverarbeitung nur mit Rechtsgrundlage erlaubt ist (Erwägungsgrund 40 DSGVO), sei hier noch eine andere Rechtsgrundlage erwähnt:<

Eine Rechtsgrundlage für die Übermittlung der Daten könnte Art. 6 I 1 lit. f DSGVO  in Frage kommen, es müsste jedoch im Einzelfall zwischen den berechtigten Interessen des Verantwortlichen sowie den Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, abgewogen werden.

[1] Simitis/Hornung/Spiecker, 2019. Datenschutzrecht. Art. 4 Nr 7, Rn. 22 ff.